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Vertiefen, was wichtig wird

14. November 2022

Während einer zweitägigen Klausurtagung im brandenburgischen Nauen schwören der Vorsitzende der Grundsatz- und Programmkommission, Dr. Carsten Linnemann, und CDU-Generalsekretär Mario Czaja die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Zukunft der CDU ein.

Spätestens nach der verlorenen Bundestagswahl im Jahr 2021 ist klar: Die CDU muss sich als Partei inhaltlich erneuern. Und genau das macht sie – mit der Arbeit am vierten Grundsatzprogramm in ihrer Geschichte. An diesem Wochenende wurde es deshalb wieder grundsätzlich in der CDU. Ins Landgut Stober am beschaulichen Ufer des Groß Behnitzer Sees, rund eine Autostunde vom Berliner Konrad-Adenauer-Haus entfernt, haben Carsten Linnemann und Mario Czaja die Vorsitzenden der Fachkommissionen zur zweitätigen Klausur eingeladen.

„Wir werden uns in den nächsten beiden Tagen nicht mit dem Status quo beschäftigen, nicht mit Tagespolitik“, sagte Linnemann in seiner Einführung. Wichtig sei, sich „einmal losgelöst davon mit den Lebenswirklichkeiten in Deutschland in den kommenden 15 Jahren zu befassen“, so Linnemann. Das Ziel der Klausurtagung sei, auch anhand der hochkarätigen Impulsgeber, die in Teilen aus Tel Aviv und Ägypten nach Brandenburg angereist waren, am weiteren Fahrplan für das Grundsatzprogramm zu arbeiten.

Externe Expertise mit Glaskugel-Blick

Am ersten Tag der auf zwei Arbeitstage angesetzten Fachklausur stand der Austausch mit externen Expertinnen und Experten. „Deutschland, Europa und die Welt in 15 Jahren – mehr als ein Blick in die Glaskugel“ – zu dieser Überschrift diskutierten die Teilnehmenden mit Ernst Rauch, Chief Climate und Geo Scientist des DAX-notierten Rückversicherers Munich Re, Dr. Claudia Major, Forschungsgruppenleiterin der Stiftung Wissenschaft und Politik und Dr. Jan Goetz, Gründer und CEO der IQM Quantum Computer.

Die spannenden Bewertungen der großen Herausforderungen der Zukunft, betrachtet aus den Blickwinkeln eines Versicherers, einer Sicherheitsexpertin und eines Quantencomputer-Experten, führten im Anschluss zum regen inhaltlichen Austausch mit den Vorsitzenden der einzelnen Fachkommissionen.

„Ich bin von der Qualität unserer heutigen Debatte nachhaltig geflasht“, fasst Carsten Linnemann den ersten Tag zusammen und weiter: „Einer unserer Experten war aus Finnland angereist, ein weiterer aus Tel Aviv. Mich freut es, dass unser Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm auch in der Welt der Unternehmer und Wissenschaftler auf interessierte Resonanz trifft. So kann es gerne weitergehen.“

Tag 2: „Wie schauen andere auf uns?“

Am zweiten Tag geht es um die Erwartung der Gesellschaft an die CDU. „Wie schauen andere auf uns?“ formuliert es Mario Czaja. „Es geht darum, Menschen für uns zu begeistern, einerseits unsere Geschichte zu erzählen, andererseits aber auch das Vertrauen dafür zu bekommen.“ Wie sieht also das Profil der CDU aus? Wo werden die Stärken der Partei gesehen? Wie kann man das Selbstverständnis und die Erwartung anderer übereinbringen?

Professorin Dr. Renate Köcher vom Institut Allensbach gibt einen umfassenden Einblick. Sie analysiert die CDU als starke Partei für Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit, für Sicherheit und Europäische Integration sowie für Stabilität. Sie erläutert, dass die Unionsparteien nach wie vor mit christlichen Werten assoziiert werden. Diese werden insgesamt sehr positiv bewertet: als Einsatz für Schwächere, Kompromissbereitschaft und Friedfertigkeit. Die CDU brauche aber einen neuen Blick auf die Gesellschaft als Ganze, mit Blick auf unterschiedliche Erwartungshaltung und Lebenswirklichkeiten unterschiedlicher sozialer Gruppen.

Auf den eigenen Stärken aufbauen

Köcher macht deutlich, dass es besser ist, die eigenen Stärken zu stärken, als neue Kompetenzen anzustreben. Parteiprofile kan man kurzfristig so gut wie nie verändern. Diese sind der Regel langsam gewachsen und sehr festgefügt. Köcher empfiehlt den anwesenden Fachpolitikern: Die CDU soll vom Wertegebäude her argumentieren, immer das Gesamtbild im Blick haben, alle Menschen, alle Schichten – auch bei Einzelfällen. Damit lassen sich auch ehemalige Wähler zurückgewinnen.

Der CDU-Generalsekretär sieht die Vorstellung und die anschließende Debatte durchweg positiv: „Die Eingangsformulierung war für die Union mutmachend.“ Was wollen die Menschen in Deutschland, ist eine der wesentlichen Grundfragen, sagt er zu Professorin Köcher gewandt. „Hier haben Sie Kompetenzfelder beschrieben, an denen wir arbeiten.“ Die Antworten sollen mit dem Vorsitzenden Friedrich Merz erarbeitet werden. Czaja: „Niemand kann sagen, wen die Menschen in Zukunft wählen werden. Aber man kann Trends erkennen und aufzeigen. Wir möchten unseren Prozess auch wissenschaftlich fundiert vollziehen.“

Der neue CDU-Bundesgeschäftsführer Dr. Christoph Hoppe stellt den Weg dahin vor. Der jetzt begonnene Strategie-Prozess soll 3 Jahre Zeit bekommen. Dabei wird geklärt: Wie können wir in Kompetenzfeldern Profilierung wieder herstellen? Welche Mischung aus Konzepten, Leitmotiven und Köpfen braucht es? Wie können wir Tagespolitik und Grundsätze vereinen? Und: Wie können wir ins Gespräch kommen, Aufmerksamkeit generieren und im Gespräch bleiben?