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Verbot von Verbrennungsmotoren könnte Havanna-Effekt in Europa verursachen

31. Oktober 2022

Die EVP-Fraktion kritisiert die Einigung über neue Regeln zur CO2-Reduzierung für neue Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge, die die Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments, der EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission heute Abend erzielt haben. Der Deal beinhaltet ein Verbot des Verkaufs von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035, was die EVP-Fraktion abgelehnt hat.

„Mit dem heutigen Abkommen wird ein ‚Havanna-Effekt‘ realistischer. Nach 2035 könnten unsere Straßen voller Oldtimer werden, weil neue Autos nicht verfügbar oder nicht bezahlbar sind. Der heutige Deal hat die Tür zu neuen technologischen Entwicklungen zugeschlagen und alle Eier in einen Korb gelegt. Das ist ein Fehler“, sagte Jens Gieseke, Verhandlungsführer der EVP-Fraktion für die neuen Regeln.

„Das Europa von heute unterscheidet sich von dem Europa von vor anderthalb Jahren, als wir mit der ‚Green Deal‘-Gesetzgebung begannen. Dennoch hat es heute keinen Realitätscheck gegeben. Explodierende Energiepreise und enorme Versorgungsprobleme, insbesondere bei Rohstoffen, die für die Produktion von Elektroautos kritisch sind, spielten bei der heutigen Entscheidung keine Rolle. Auch das immer wieder vorgebrachte Argument des langfristigen Preisvorteils von Elektroautos ist nicht hinfällig geworden. Der künftige Wegfall staatlicher Subventionen und hohe Strompreise drohen das Elektroauto zum langsamen Verkäufer zu machen“, erklärte Gieseke.

„Das Bekenntnis der EVP-Fraktion war und ist klar: Die Emissionen im Verkehrssektor müssen sinken. Deshalb haben wir die Reduktionsziele für 2030 und die hohen Reduktionsziele für 2035 unterstützt. Aber gerade ein komplettes Verbot einer Technologie geht zu weit. Eine freiwillige Regelung für klimaneutrale Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe wäre besser gewesen, um die technologische Offenheit und eine gewisse Flexibilität für die Produzenten zu erhalten“, so Gieseke weiter.

„Für unsere europäischen Produzenten wird der Übergang eine große Herausforderung sein. Vor allem chinesische und amerikanische Hersteller sind bereit, den europäischen Markt für Elektroautos zu übernehmen. Deshalb ist es umso wichtiger, die Geschwindigkeit des Infrastrukturausbaus zu erhöhen und dafür zu sorgen, dass Emissionen nicht einfach an einen anderen Ort verlagert werden – weder in andere Sektoren noch in andere Regionen. Solange die Produktion von Fahrzeugen oder der Strom zum Laden nicht emissionsfrei ist, ist auch ein Elektroauto nicht klimaneutral. Um zukünftig die tatsächlichen Emissionen von Fahrzeugen realistischer betrachten und vergleichen zu können, muss eine Lebenszyklusanalyse eingeführt werden. Deshalb fordert die EVP-Fraktion die Kommission auf, dazu einen Vorschlag zu erarbeiten“, so Gieseke weiter.

„Ob das Verbot von Verbrennungsfahrzeugen ab 2035 tatsächlich aufrechterhalten wird, hängt auch stark von der Überprüfung im Jahr 2026 ab. Dies ist jedoch nur ein schwacher Trost, denn die Automobilhersteller werden sehr bald harte Entscheidungen über den Abbau von Arbeitsplätzen oder die Umstrukturierung ihrer europäischen Produktion treffen müssen“, so Gieseke abschließend.