Keine Unterstützung für Israel-Feindschaft

5. September 2022

Karin Prien, stellvertretende CDU-Vorsitzende und Vorsitzende des Jüdischen Forums in der CDU, fordert in einem Gastbeitrag für den SPIEGEL, dass die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit den Palästinensern auf den Prüfstand stellen muss. Die deutsche Außenpolitik müsse wieder stärker durch Werte geleitet werden und brauche klare rote Linien.

Als Beispiele führt sie den zu zögerlichen Umgang mit den antisemitischen Vorfällen auf der #Documenta und die ungehinderte Relativierung des Holocausts durch Palästinenserpräsident Abbas an. Die müde Reaktion des Bundeskanzlers auf diesen Auftritt, direkt im Bundeskanzleramt, schade Deutschlands Ansehen in Israel und darf nicht folgenlos bleiben

Das Einstehen für #NieWieder gehört zum Fundament unseres Selbstverständnisses als Bundesrepublik Deutschland. Dazu gehören mehr als nur Sonntagsreden im Bundestag.

Lesen Sie hier den SPIEGEL-Gastbeitrag im Wortlaut:

Kein Geld mehr für Hass und Terror!

Ein Gastbeitrag von Karin Prien 31.08.2022

Die Bundesregierung muss die Zusammenarbeit mit den Palästinensern auf den Prüfstand stellen. Für Israel-Feindschaft darf es keine Unterstützung geben.

Deutsche Außenpolitik muss stärker durch Werte geleitet werden. Es gibt rote Linien, die wir auch international deutlicher aufzeigen müssen. Ein sehr aktuelles Beispiel ist unser Verhältnis zu Israel und den Palästinensern.

Das Existenzrecht Israels ist deutsche Staatsräson. Der Holocaust als singulärer menschlicher Abgrund ist eine besondere Verpflichtung für die Bundesrepublik Deutschland. Diese besondere Verantwortung ist aktueller denn je. Sie bedeutet für uns im Jahr 2022, dass wir mit ein paar alten Lebenslügen insbesondere der Linken im Land aufräumen und unser Verhältnis zu Israel und den Palästinensern neu überdenken müssen.

Wie dringend ein deutliches Zeichen der Bundesregierung gebraucht wird, zeigen zwei aktuelle Kontroversen. Der Auftritt von Mahmud Abbas im Kanzleramt und die lange Hängepartie um die Entschädigung der Opferfamilien des Olympia-Attentats von 1972, die Gedenkveranstaltungen in München zu boykottieren.

Schlechte Kommunikation scheint hier eine Konstante des Kanzlers zu sein. Olaf Scholz hat in der vergangenen Woche in einem Moment außergewöhnlichen politischen Versagens zugelassen, dass Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Kanzleramt unwidersprochen dem Staat Israel »50 Holocauste« vorwerfen konnte. Dies war Abbas‘ Antwort auf die Frage, ob die Palästinenser sich nicht endlich für das terroristische Attentat in München 1972 entschuldigen müssten.

Die Äußerungen von Abbas sind falsch, abstoßend und unerträglich. Im Kanzleramt hätte man solche Ausfälle von Abbas vorhersehen müssen und darauf vorbereitet sein, auf einen Eklat auch entsprechend zu reagieren. Ein Bundeskanzler, der für sich in Anspruch nimmt, führen zu wollen, darf so etwas nicht zulassen.

Die Geschichte des Verhältnisses zwischen Israel und den Palästinensern ist kompliziert. Niemand bestreitet, dass der Konflikt endlich befriedet werden muss und dass es dafür keine einfache Lösung gibt. Israel befindet sich seit seiner Staatsgründung im Krieg. Umringt von Feinden wurde aus einem kleinen Land unter widrigsten Umständen eine lebendige Demokratie, die zu den wichtigsten Wissenschafts- und Forschungsstandorten der Welt gehört, ein Land, in dem auch ein homosexuelles Paar unbehelligt über die Straße laufen kann.

Doch leben die Menschen in Israel in ständiger Gefahr vor palästinensischem Terror. In den Städten hängt unter dem Wegweiser zum Strand der Wegweiser zum nächsten Luftschutzbunker. Immer wieder werden Israelis, auch arabische, in ihrem Zuhause angegriffen, nur weil sie Israelis sind. Staatsbürger Israels werden überall auf der Welt bedroht.

Klar ist auch, dass die aktuelle Situation der Palästinenser kein Weg in eine friedliche Zukunft ist. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Palästinensische Autonomiebehörde Hilfsgelder für Familien von Selbstmordattentätern zahlt? Kein Kind in der Westbank oder in Gaza wird mit Hass auf Juden und Israelis geboren. Aber sie werden von klein auf indoktriniert und zu fundamentalistischen Radikalen erzogen. Statt sich um gute Ausbildung, medizinische Versorgung und gute Infrastruktur zu kümmern, befördern Abbas und seine Leute Hass und Hetze. In den Schulbüchern findet sich übelster Antisemitismus.

Abbas ist schwach. Die Bevölkerung der Westbank ist schon lange von ihm abgerückt. Westlichen Politikern erklärt er das Ausbleiben von Wahlen seit über 15 Jahren damit, dass noch radikalere Kräfte verhindert werden sollen. Dabei hält sich ein Regime an der Macht, das vom Allerfeinsten lebt, während die Bevölkerung darbt. Dieses Regime dürfen wir nicht länger stützen.

Erstens muss endlich Schluss sein mit der diplomatischen Zurückhaltung . Bitte keine Sonntagsreden mehr, in denen die besondere Verantwortung Deutschlands für den Staat Israel hervorgehoben wird, bevor im gleichen Atemzug absurde Solidaritätsadressen mit den Anliegen von Fatah und manchmal sogar Hamas folgen. Gerade bei vielen deutschen Linken gibt es eine abstoßende und unerklärliche Liebe zur PLO, vielleicht aus alter sozialistischer Verbundenheit und dem Märchen vom Freiheitskampf der Palästinenser. Da gibt es Verständnis für Attentäter und ihre Familien, da wird der arabische Terror, unter dem Israel seit seiner Staatsgründung zu leiden hat, mit Kapitalismuskritik vermischt. Dies gilt auch für die Berichterstattung. Gerade in deutschen Medien ist immer wieder eine Täter-Opfer-Umkehr zu lesen, wenn ein Selbstmordattentäter an einer Bushaltestelle in Jerusalem erschossen wurde, bevor er eine andere Person töten konnte.

Der allzu zögerliche Umgang mit den antisemitischen Vorfällen auf der Documenta ist ein weiteres Beispiel für mangelnde Handlungsbereitschaft. Auch hier wären deutlichere Worte aus der Bundesregierung und weniger zaghaftes Reagieren der Verantwortlichen nötig gewesen, um Deutschlands Haltung zum Antisemitismus unzweifelhaft zu dokumentieren.

Zweitens muss die Bundesregierung den inakzeptablen Auftritt von Abbas im Kanzleramt zum Anlass nehmen, die verschiedenen Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde zu überprüfen und gegebenenfalls auszusetzen. Seit Jahren schon wissen die Verantwortlichen im Auswärtigen Amt, was in den Schulbüchern der Palästinensischen Autonomiebehörde steht. Die finanziellen Zusagen an die Palästinenser müssen an schärfere Kontrollen geknüpft werden. Deutschland muss auch international mehr Partei ergreifen.

Wir Deutsche dürfen niemals Äquidistanz zu Israel und den Palästinensern pflegen. Das gilt erst recht, wenn mal wieder autokratische Regime in Gremien der Vereinten Nationen gegen Israel hetzen. Die Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass Mahmud Abbas keinen roten Teppich mehr in Europa ausgerollt bekommt.

Und drittens: unser Umgang mit den Angehörigen der israelischen Terroropfer von den Olympischen Spielen 1972 . Dass es jetzt wieder so lange gedauert hat, eine halbwegs würdige Lösung zu finden, dass es so aussah, als würden die Familien der Opfer nicht einmal zur Gedenkfeier nach München kommen, hat die aktuelle Bundesregierung zu verantworten.

Im September will der israelische Präsident Herzog im Bundestag sprechen, um an den palästinensischen Anschlag von München 1972 zu erinnern. Bis dahin muss die Bundesregierung deutlich gemacht haben, dass Abbas’ Auftritt nicht ohne Folgen bleibt. Die müde Reaktion des Bundeskanzlers schadet Deutschlands Ansehen in Israel.

Den Gastbeitrag direkt im SPIEGEL lesen Sie hier.